Leserbrief: Land in der Pflicht

Bild: Jim Stritzky

Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn: Ich begrüße den Vorstoß des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer, über die „Wiedereinführung eines verpflichtenden Dienstes an der Gesellschaft“ nachzudenken. Denn tatsächlich lässt sich in allen Bereichen unserer Gesellschaft ein Schwinden des Respekts beobachten: Polizistinnen und Polizisten werden bespuckt, Politikerinnen und Politiker rassistisch beleidigt, das Eigentum von Bürgerinnen und Bürgern mutwillig zerstört, um nur die jüngsten Meldungen vom Hochrhein aufzugreifen.

Ich stimme Palmer daher zu: „Respekt, Akzeptanz, Toleranz, den verantwortungsvollen Umgang mit Menschen lernt der junge Mensch nicht bei Wikipedia, Facebook und Instagram, sondern in der Begegnung mit anderen.“ Gleichwohl greift mir der Ansatz eines einjährigen Pflichtdienstes zu kurz. Was wir brauchen, ist ein nachhaltigeres Konzept: Alle jungen Menschen durchlaufen über Jahre hinweg die Schule. Warum nicht feste wöchentliche Sozialprojekt-Stunden, in denen die Schülerinnen und Schüler Zeit bekommen, sich fürs Gemeinwohl einzusetzen? Und zwar über Schülermitverwaltung und Schul-AGs hinaus gerade in Vereinen, Wohlfahrtsverbänden und Jugendgemeinderäten – als Chance, nicht als Strafe.

Hier ist das Land in der Pflicht, die Mittel zu stellen, damit Schulen ihre Arbeit besser leisten können. Das Schulgesetz sagt: Jeder junge Mensch hat das Recht auf Bildung und auf Erziehung „zur Wahrnehmung von Verantwortung, Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft sowie in der ihn umgebenden Gemeinschaft“.

Peter Schallmayer, Höchenschwand

Link: Leserbrief (BZ)